Großer Plan

Völkermord an Ezid_innen

Transkript Interviewausschnitt: Hediya Ekinci

!Bearbeitetes O-Ton Transkript!

Es hat persönlich sehr, sehr viel mit mir gemacht. Es hat mich aus meiner heilen Welt hier herausgerissen und hat mich irgendwie in die Realität geschmissen. Die Geschichten, die ich als Kind kannte, wurden plötzlich Realität und waren nicht einfach nur Geschichten und ich habe diese Bilder live gesehen.

Ich war persönlich 2014 im Osten der Türkei in den Flüchtlingscamps. Ich war 2015 und 2019 in Shingal und habe dort die Menschen live gesehen und das Projekt unterstützt. Es macht einen natürlich unfassbar traurig und lässt auch einen irgendwie an dieser Weltgemeinschaft zweifeln und es zeigt mir einfach immer wieder, wenn dieser Tag näher rückt und ein weiteres Jahr ist vergangen, dann kommen solche Gedanken wie: Naja, vor acht Jahren, wenn ein achtjähriges Kind entführt worden ist, ist dieses Kind mittlerweile 16 Jahre alt. Weiß es überhaupt noch wer es ist, wo es herkam, hat es auch diesen Hass gegenüber den Ezid_innen, weil man ihn oder sie dazu manipuliert hat? Was ist mit diesen Frauen und Mädchen? Wie leben die? Werden die immer noch als Sklavinnen weitergereicht, vergewaltigt, geschlagen, gedemütigt?

So viele Menschen sind immer noch nicht gefunden worden und das macht einen unfassbar traurig. Es macht einen nicht nur traurig, es macht einen auch schon teilweise depressiv, weil man einfach nicht nachvollziehen kann, wie so etwas möglich ist, wie Menschen so unfassbar hässlich sein können. Also das ist einfach, teilweise auch gar nicht in Worten zu beschreiben, was das mit einem macht. Das macht einen wütend. Es macht einen traurig. Es macht einen fassungslos. Es ist immer wieder ein Schlag ins Gesicht, wenn dieser Tag sich jährt.

Dieser Tag ist immer für mich wieder eine Erinnerung der Trauer. Dass dieses Leben sehr unfair sein kann, sehr hart sein kann. Dass viele Menschen aus ihrem Leben gerissen worden sind, die bis heute nicht wissen, wo Familienangehörige von ihnen sind. Sind sie tot oder sind sie immer noch in den Händen von dem IS, vom Daesh.  

Bearbeitungshinweis: In Fällen, in denen im mündlichen Interview das generische Maskulinum verwendet wurde, haben wir uns entschieden, in der bearbeiteten Textversion die Schreibweise mit einem Unterstrich zu verwenden. Dies soll verdeutlichen, dass Menschen aller Geschlechter gemeint sind.