Alter Lebensmittelladen

Die Essenskultur der Ezid_innen

Transkript Interviewausschnitt: Hatti Kizilyel

!Bearbeitetes O-Ton-Transkript!

Das Essen mit Leuten aus verschiedenen Kulturkreisen zu teilen, das macht ja auch Spaß, ist ja gesellig. Wenn du Nachbarn hast, denen du was rüberbringst, auch bei uns im Geschäft, wenn ich was Schönes hab, was wir eigentlich für uns zu Hause nur machen und ich das dann trotzdem gerne mal mitnehme, dann können die Leute es probieren. Um einfach mal einen anderen Blick auf anderes Essen oder auch Genuss zu vermitteln.

Es gibt so ein kleines Beispiel: Die Linsensuppe Şorba Niska, das ist so das traditionelle Sonntagsessen bei den meisten kurdischen Familien. Jede kurdische Familie macht sie anders. Und jeder, der auch zu uns ins Geschäft kommt, alle mögen die Suppe, aber jeder sagt, „Also meine Mama macht die so.“ und „Meine Oma macht die so.“ und „Wir machen da noch…“, ich sag: „Dann iss‘ sie doch zu Hause, wir machen die hier, wie meine Mama sie macht, die ist auch lecker.“, aber es ist halt so, bei der Linsensuppe scheiden sich die Geister und jeder macht die anders und jeder macht sie gut.

Ich habe gar kein Lieblingsessen, ich mag eigentlich gefüllte Weinblätter. Ja, Weinblätter. Mal mit Lammfleisch und mal auch einfach vegan. Es gibt halt so viele Leckereien. Aber sich festlegen, ich finde so Weinblätter, wenn dann die Mama die macht und so, das ist ein Zelebrieren. Sie verbringen unwahrscheinlich viel Zeit damit auch und bei einer kurdischen Familie, in der Regel sind es Großfamilien, machen sie ja keine zehn Weinblätter. Sie machen 150 Weinblätter. Also sitzen sie den ganzen Tag dort und wickeln die Weinblätter, machen den Reis rein, vorher wird das Fleisch aufgekocht und in kleine Stücke geschnitten. Ja, das ist so ein geselliges „alle- helfen- mit- Ding“.

Bearbeitungshinweis: In Fällen, in denen im mündlichen Interview das generische Maskulinum verwendet wurde, haben wir uns entschieden, in der bearbeiteten Textversion die Schreibweise mit einem Unterstrich zu verwenden. Dies soll verdeutlichen, dass Menschen aller Geschlechter gemeint sind.