Alter Lebensmittelladen

Die Essenskultur der Ezid_innen

Transkript Interviewausschnitt: Yilmaz Kaba

!Bearbeitetes O-Ton-Transkript!

Ja, ich erinnere mich an den Lebensmittelladen im Kreise und zwar sind wir auch dort selbst einkaufen gegangen, mit der Familie. Es gab da vor allem typisch ezidische, kurdische Lebensmittel, sprich eine Art von Heimatgefühl. Obwohl ich das eher nicht so darstellen kann oder so fühlen kann, wie meine älteren Geschwister oder meine Eltern, weil die ja auch noch in der Heimat gelebt haben und dort auch aufgewachsen sind, jedoch kannte ich die Küche natürlich von Zuhause. Da waren besondere Zutaten sehr, sehr wichtig. Das Brot. Bei uns gab es immer Fladenbrot, zum Beispiel, das gab es dort oder besondere Getränke, die gab es dort in dem Laden. Vor allem haben dort, sag ich mal, Eziden, Kurden eingekauft, aber auch mal Deutsche, die sich halt, sag ich mal für besondere Arten von Oliven interessiert haben oder von besondere Arten von Käsesorten, -Varianten, die sind da auch einkaufen gegangen.

Für mich bedeutet Essen oder diese Art von Lebensmittel, bedeutet natürlich für mich auch nochmal, eine Verbundenheit mit meinem Dasein als Kurde, als Ezide. So ist es auch halt für uns eine Erweiterung, eine Bereicherung, wenn man verschiedene Küchen, verschiedene Lebensmittel zur Verfügung hat oder Gerichte, die man dann mit den Lebensmitteln, die aus der Heimat sind, auch wieder anrichten kann. Für meine Eltern, das habe ich noch in Erinnerung, oder für meine Geschwister oder meine Großeltern, war immer sehr wichtig, dass dann auch die traditionelle Küche weiterhin besteht.

Es ist halt auch für sie sehr schwierig gewesen. Vor allem von jetzt auf gleich die Essgewohnheiten zu ändern oder auch zum Beispiel die Fleischsorten zu ändern. Bei uns hat man nicht aus religiösen, sondern aus kulturellen Gründen relativ wenig oder bis gar kein Schweinefleisch gegessen, was hier in Deutschland natürlich Fleisch ist, was man sehr, sehr oft isst. Aber es gibt auch viele, die essen gar kein Fleisch, das ist auch eine Tatsache. Und diese ganzen Thematiken haben natürlich eine große Rolle gespielt.

Das habe ich immer wieder gemerkt, bei meinen Großeltern und bei meinen Eltern, dass sie mit dem Essen, mit den Speisen, immer auch ihre Geschichte, ihre Erinnerung verbunden haben, die sie in der Heimat dalassen mussten, weil sie von jetzt auf gleich flüchten mussten.

Es gibt an sich gar keine Verbote, Ess-Verbote oder bzw. Speiseverbote. Es gibt viele ezidische Familien, die essen halt kein Schweinefleisch, weil sie es aus der Umgebung, wo sie herkommen, auch nicht gekannt haben, also da gibt es kein Schweinefleisch zu kaufen. Beim Metzger sozusagen. Und die Nachbarn, die muslimischen Nachbarn, hätten es auch nicht gerne gesehen, wenn dort die Eziden sich mit Schweinefleisch versorgt hätten. Es gibt einige Eziden, die essen zum Beispiel keine Art Kopfsalat, dafür gibt es aber auch einene Geschichte. Aus der Religion oder aus dem Ezidentum heraus gibt es keine Verbote, aber es gibt gewisse kulturelle Aneignung, im Laufe der Jahrhunderte, Jahrtausende, sozusagen, die dazu beigetragen haben, dass gewisse Sachen nicht gegessen werden sollten. Aber das ist auch nicht bei allen Eziden angekommen, sondern das ist dann auch immer regionsbezogen.

Mein traditionelles Lieblingsgericht ist, da ich grundsätzlich seit einigen Jahren kein Fleisch und keinen Fisch mehr esse, esse ich gerne gefüllte Weinblätter, das ist einer meiner Lieblingsgerichte, meine Leibgerichte, wenn es ohne Fleisch gefüllte ist, sozusagen. Nur mit Reis und anderen Zutaten oder auch Lamacun vegetarisch oder auch vegan belegt. Aber was ich gerne auch noch sehr, sehr gerne esse ist zum Beispiel, da gibt es Couscous das Miteinander vertrieben wird mit gewissen Zutaten, das schmeckt dann sehr, sehr lecker. Das isst man dann zum Beispiel mit Salat eingerollt, kann man sich selber einrollen, dann macht man da schön Salz drauf, schön mit Zitrone, das hat dann noch einmal so einen ganz speziellen Geschmack. Und von den Getränken her, trinke ich sehr gerne, sehr kalten Dau. Dau kennen viele unter Ayran. Das spezielle Milchgetränk sozusagen, das trinke ich auch sehr gerne. Es gibt noch mal eine Spezialität. Das nennt sich Mehîr ist so eine Sommerspeise, das wird angerichtet mit so eine Art, das ist eine Art Milchreis aber nicht mit Reis sondern eher mit Getreidekörner sozusagen noch und das wird dann gekocht und dann wird es im Sommer eiskalt gegessen und das schmeckt sehr, sehr lecker.

Bearbeitungshinweis: In Fällen, in denen im mündlichen Interview das generische Maskulinum verwendet wurde, haben wir uns entschieden, in der bearbeiteten Textversion die Schreibweise mit einem Unterstrich zu verwenden. Dies soll verdeutlichen, dass Menschen aller Geschlechter gemeint sind.